Inhaltsverzeichnis
- Leitfadeninterview erstellen: Ablauf und Beispiele
- Was ist ein Leitfadeninterview?
- Quantitative und qualitative Forschung im Vergleich
- Vorgehensweise und Beispiele
- Schritt 1: Fragen formulieren und sortieren
- Schritt 2: Geeignete Personen für das Interview finden
- Schritt 3: Datengewinnung und Datenerfassung
- Schritt 4: Analyse und Datenauswertung
- Vor- und Nachteile eines Leitfadeninterviews
- Vorteile
- Nachteile
- Zusammenfassung
Das sogenannte Leitfadeninterview ist eine beliebte Methode, um mit offenen Fragestellungen ein Interview zu führen. Durchgeführt wird diese Art von Befragung ausschließlich von geschulten Projektmitarbeitern, die sich mit der jeweiligen Forschungsfrage gut auskennen. Der nachfolgende Artikel fasst die richtige Vorgehensweise und Beispiele zusammen, die dabei helfen, ein Leitfadeninterview zu erstellen.
Was ist ein Leitfadeninterview?
Als Leitfadeninterview wird eine spezielle, sehr strukturierte Interviewform bezeichnet. Diese richtet sich als qualitative Forschungsmethode nach einem standardisierten Leitfaden aus. Relevante Aspekte trägt der Leitfaden entweder in Stichpunkten oder in Fragevorschlägen zusammen. Solch ein Leitfadeninterview kommt beispielsweise bei explorativen Untersuchungen in Abschlussarbeiten, zur Gewinnung von Hypothesen oder aber als Pretest für darauffolgende Forschungsmethoden zum Einsatz.Quantitative und qualitative Forschung im Vergleich
Ein Leitfadeninterview gehört zu den qualitativen Verfahren. Als in der Regel als „Face-to-Face“ durchgeführtes Interview läuft das Gespräch mit einem Leitfaden dennoch nicht ungesteuert, sondern vielmehr nach den üblichen „Gesprächsregeln“ ab. Dem Interviewer dient sein Leitfaden als eine Art „Gedächtnisstütze“, der wichtige Fragen und Hinweise während des Gespräches präsent hält. Abgrenzend zur quantitativen Forschung, die viele Ergebnisse zur Auswertung benötigt, geht es bei einem Leitfaden als Gegenstand der qualitativen Forschung darum, anhand von offenen Fragestellungen Einzelfälle exemplarisch zu betrachten und interpretativ auszuwerten.Im Zentrum steht die Analyse eines Phänomens. Deshalb findet ein Leitfadeninterview häufig Verwendung, um komplexe Sachverhalte – etwa Lebenswirklichkeiten oder Weltansichten sowie andere Einstellungen und Wissenssysteme von Befragten darzulegen. Insgesamt verfolgt diese induktive Vorgehensweise das Ziel, neue Theorien zu entwickeln.
Quantitative Forschung hingegen möchte keine neuen Theorien entwickeln, sondern vielmehr einen genauen Abschnitt der Realität erfassen und daraus erarbeitete Hypothesen überprüfen. Bei dieser deduktiven Methode stehen standardisierte Messungen und statistische Auswertungen einer möglichst großen Zahl an Teilnehmern im Vordergrund.
Beachte: Es gibt unterschiedliche Typen des Leitfadeninterviews – unter anderem das narrative, problemzentrierte oder fokussierte Interview. Bevor du die Fragen ausformulierst, solltest du überlegen, welche Interviewart am besten zu deinem Forschungsvorhaben passt.
Vorgehensweise und Beispiele
Schritt 1: Fragen formulieren und sortieren
Zunächst geht es darum, die Fragen für das Interview zu sammeln und zu sortieren. Hierbei gilt es, die Grundprinzipien qualitativer Sozialforschung zu berücksichtigen, sprich, offen und flexibel zu agieren. Bei einem neutralen Interviewstil sollten überwiegend offene Fragen, die zum Erzählen einladen, gestellt werden.Beispiel: Offene Fragen beginnen oftmals mit Fragewörtern wie „Was“, „wie“, „wann“, „wofür“ etc. Auch eine Einstiegsfrage ist sinnvoll, um mit einer lockeren Erzählweise das Gespräch zu beginnen. Beispielfragen könnten sein: „Darf ich wissen, ob Sie Mitglied einer Gewerkschaft sind?“ oder „können Sie mir sagen, wie Sie zum Thema Feminismus/Umweltschutz/Todesstrafe etc. stehen?“
Es gilt darauf zu achten, nicht zu viele Fragen auszuarbeiten, keine komplizierten Fremdwörter im Leitfaden zu verwenden und keinesfalls die direkte Forschungsfrage zu erwähnen.
Schritt 2: Geeignete Personen für das Interview finden
Nachdem die Fragen ausgearbeitet sind, benötigt man geeignete Personen für das Interview. Diesbezüglich schaut sich der Interviewer nach interessanten Kandidaten um, kontaktiert diese und macht einen Termin aus. Hierbei ist es sinnvoll, den eigenen Blick auch offen gegenüber ungewöhnlichen Kandidaten zu lassen.Schritt 3: Datengewinnung und Datenerfassung
Im dritten Schritt steht die Durchführung des Interviews. Hierfür sollte ein Ort gewählt werden, der für den Befragten angenehm erscheint. Es ist entscheidend, das Gespräch in einer für den Befragten vertrauen Atmosphäre zu führen. Vorab ist es Pflicht, die Probanden über ihre Anonymität zu informieren und diese eine Einverständniserklärung unterschreiben zu lassen.Um Fehler zu vermeiden, sollten sich die Experten vorab rückversichern, dass ihre Technik einwandfrei funktioniert. Auch solltest du versuchen, dich dem Sprachstil der Befragten teilweise anzupassen und nicht zu viele Fragen auf einmal zu stellen. Relevante Schlüsselfragen sollten bei der Datengewinnung keinesfalls vergessen werden, da sie wichtig sind, um die Forschungsfrage der akademischen Arbeit schlüssig beantworten zu können. Falls doch einmal eine Pause entsteht, helfen Erzählimpulse dabei, das Gespräch erneut in Gang zu bringen.
Beispiele für Schlüsselfragen und Erzählimpulse könnten sein:
- Was glaubst du, wie viel Jugendsprache sprechen die Freunde in deiner Klasse?
- Verwendest du viel jugendsprachliche Ausdrücke in deinem Alltag?
- Kannst du dafür ein Beispiel nennen?
- Kannst du eine bestimmte Situation schildern, in der das Phänomenen XYZ auftrat?
Schritt 4: Analyse und Datenauswertung
Um das Leitfadeninterview auszuwerten, bietet sich das Anfertigen einer Transkription an. Das verschriftliche Interview kannst du anschließend im Methodenteil deiner Bachelorarbeit aufführen. Es macht Sinn, das Interview in einzelne Kategorien einzuteilen und die Ergebnisse ansprechend visuell aufzubereiten. Plane für diesen zeitintensiven Teil besser eine ausreichende Anzahl an Arbeitsstunden ein und nutze einschlägige Software wie AmberScript oder MAXQDA, um das Interview zu codieren.Falls du nicht genau weißt, welche Schritte sich bei der Datenanalyse anbieten, orientiere dich beispielsweise an den von Kuckartz vorgestellten Schritten:
- Wichtige Textstellen markieren
- Memos schreiben
- Ausarbeiten von Hauptkategorien
- Codieren des Materials
- Subkategorien bestimmen
- Visualisierung vornehmen
Vor- und Nachteile eines Leitfadeninterviews
Das Leitfadeninterview als qualitative Forschungsmethode wirkt sich unmittelbar auf deine Ergebnisse aus. Dementsprechend solltest du dir vor dem Schreiben deiner Bachelor- oder Masterarbeit der Vor- und Nachteile, die die Interviewart mit sich bringt, bewusst sein.Vorteile
- Der Leitfaden ist eine exzellente Hilfestellung beim Interview
- Leitfadeninterviews sind flexibel, da sie auch noch während des Gespräches weitere Fragen zulassen
- Teilnehmer dürfen individuell antworten und ihre persönliche Sichtweise darlegen
- Der Informationsgewinn ist sehr hoch
Nachteile
- Arbeitsintensive Methode
- Leitfaden stellt hohe Anforderungen an Interviewer und Befragten
- Das Risiko, dass der Interviewer strikt am Leitfaden hängen bleibt und unflexibel agiert
- Stupide „Frage-Antwort-Situation“ kann entstehen
- Themenliste kann mitunter nicht vollständig abgearbeitet werden, falls der Fragekatalog zu umfangreich ist
- Leitfadeninterviews kaum miteinander vergleichbar
Zusammenfassung
Beim Leitfaden handelt es sich um ein semistrukturiertes Experteninterview. Einerseits ist dieses durch den Leitfaden strukturiert, andererseits lässt es viel Freiraum für weitere Fragen und spontane Erzählimpulse.Nicht zu vergessen gilt es, dem Teilnehmer einen Ausblick zu vermitteln. Es sollte klar sein, wie die erhobenen Daten zukünftig verarbeitet und genutzt werden.
Am Anfang sollte das Bestreben stehen, das Ziel des Leitfadeninterviews auszuformulieren. Frage dich, wie du deine Forschungsergebnisse aufbereiten möchtest und welche Aspekte dir bei der Befragung am Herzen liegen. Denke immer auch daran, die Methode in deiner Bachelorarbeit ausführlich und stringent zu begründen.